Mutter & Tochter
Ihre Tochter Florentina Kernmayr über Marie Louise Fischer
„»Wie ist denn deine Mutter so?« wurde ich als Kind oft von meinen Freundinnen, alle begeisterte Leserinnen der Kinderbücher meiner Mutter, gefragt. Wie jede andere Mutter auch! Außer, dass meine Mutter arbeitete, was zu dieser Zeit nicht üblich war. Außer, dass zuhause mein Vater am Herd stand. Außer, dass bei uns über alles ohne Tabu gesprochen wurde. Vor allem vermittelte mir meine Mutter immer deutlich, dass man als Frau tunlichst vermeiden sollte, von einem Mann finanziell abhängig zu sein. Ja, meine Mutter war emanzipiert, auch wenn es manchmal den Anschein hatte, als stünde sie unter der Fuchtel meines Vaters. Und was ihre Kritiker auch behaupten mögen: die Heldinnen ihrer Bücher waren ab den 80er Jahren ebenfalls emanzipiert! Meine Mutter legte daher großen Wert darauf, starke Persönlichkeiten zu beschreiben; Frauenfiguren, die sich für ihren eigenen Weg entschieden und sich „befreiten“. Aber verbieten solche „Befreiungen“ automatisch ein Happy End? Ist es wirklich so schlimm, dass meine Mutter diesen Figuren, wenn sie alle Schwierigkeiten überwunden hatten, zur Belohnung einen netten Mann über den Weg laufen ließ? Schließt Emanzipation denn aus, sich zu verlieben? Aber sicher nicht! Und aus genau diesem Grund habe ich die Bücher meiner Mutter geliebt und liebe sie heute noch. Ich bin stolz darauf, ihre Tochter zu sein.“